MIDEM

Forschungsprofil

Seit der „Flüchtlingskrise“ beherrschen Fragen rund um Migration die öffentlichen Debatten in Europa. Dabei bringt Migration sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede zum Vorschein. Auf der einen Seite hat sich eine Art gesamteuropäisches Problembewusstsein, eine gemeinsame Form der öffentlichen Meinung herausgebildet. Denn Migration wird in den einzelnen Mitgliedsländern nicht nur als nationales sondern auch als ein europäisches Thema und Handlungsfeld für EU-Politik wahrgenommen. Andererseits hat die Migrationsfrage tiefe Bruchlinien innerhalb Europas offenbart. Zum Beispiel verfolgen mittelost-, west-, südeuropäische Länder unterschiedliche Strategien im Umgang mit Geflüchteten, was zu anhaltenden Konflikten geführt hat. Migration wirkt hier wie ein Vergrößerungsglas, das bestehende kulturelle und soziale Trennlinien innerhalb der EU sichtbar macht.

Die politischen Herausforderungen, die diese Entwicklungen mit sich bringen, sind noch nicht absehbar. Fest steht, dass sich rechtspopulistische und rechtsextreme Akteure in fast allen EU-Mitgliedstaaten des Themas bemächtigt und es erfolgreich instrumentalisiert haben.  Infolge der dadurch ausgelösten Veränderungen in der politischen Landschaft sind in den letzten Jahren neue politische Kräfte entstanden, Mehrheiten haben sich verschoben, die Parteiensysteme sind zersplittert und die Regierungsbildung ist deutlich schwieriger geworden. Die politischen Debatten sind hitziger und polarisierter geworden. In fast allen europäischen Gesellschaften haben Fragen der Migration neue politisch-kulturelle Bruchlinien zwischen kosmopolitischen und ethnozentrischen Einstellungen, linksliberalen und konservativen Milieus und zwischen städtischen und ländlichen Regionen, aber auch innerhalb der europäischen Gesellschaften offengelegt.

Unser Hauptanliegen ist es, die Risiken für den demokratischen und sozialen Zusammenhalt in einer Einwanderungsgesellschaft zu beleuchten. Deshalb untersucht das Mercator Forum für Migration und Demokratie (MIDEM), wie Migration demokratische Politiken, Institutionen und Kulturen prägt und zugleich von ihnen geprägt wird. Untersucht werden Formen, Instrumente und Prozesse politischer Verarbeitung von Migration in demokratischen Gesellschaften – in einzelnen Ländern und im vergleichenden Blick auf Europa.

MIDEM untersucht:

  • Zugehörigkeit, Identität und Zusammenhalt
  • Politische und gesellschaftliche Polarisierung
  • Nationale Governance von Migration
  • Lokale Governance von Migration 

MIDEM hat zur Aufgabe:

  • Die nationale und internationale Vernetzung sowie die interdisziplinäre Kommunikation über Migration zu fördern.
  • Regelmäßig erscheinende Länderberichte und Querschnittsstudien zu zentralen Fragen an der Schnittstelle zwischen Migration und Demokratie zu erstellen.
  • Gesamteuropäische Handlungsempfehlungen für den demokratischen Umgang mit Migration zu entwickeln.
  • Die europäische, nationale und lokale Politik sowie die Zivilgesellschaft zu beraten.