Wie neu und gefährlich ist die Polarisierung zwischen Universalismus und Partikularismus?

Wir laden herzlich zu unserem Vortrag ein, der sich mit den aktuellen Herausforderungen für die Demokratie angesichts der zunehmenden politischen Polarisierung und dem Aufstieg radikaler politischer Parteien beschäftigt.

In seinem Vortrag beleuchtet Simon Bornschier die Entstehung einer neuen Konfliktlinie zwischen der universalistischen “Neuen Linken” und der partikularistischen radikalen Rechten und untersucht, ob dieser Gegensatz eine Gefahr für die Demokratie darstellt. Der neue Konflikt hat seine Wurzeln im Übergang in eine postindustrielle Gesellschaft und die “Gewinner” dieses Umbruchs gehören zu den vehementesten Verteidigern der liberalen Demokratie. Die subjektiven Verlierer hingegen haben sich der radikalen Rechten zugewandt und stellen zumindest Elemente der liberalen Demokratie in Frage. In hochentwickelten Demokratien halten sich diese beiden Gruppen in etwa die Waage, und keine von ihnen kann allein regieren. Die “asymmetrische Polarisierung” in einigen neueren Demokratien birgt hingegen die Gefahr, dass radikale konservative Kräfte die Oberhand gewinnen. Im Anschluss an den Vortrag besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen und an der Diskussion teilzunehmen.

Lecture Series Bernd Simon, 04.06.2024

Wir freuen uns, Professor Bernd Simon von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel als Gastredner im Rahmen unserer MIDEM Lecture Series im Sommersemester 2024 begrüßen zu dürfen.

Lecture Series: Vortrag Christian Suter, 23.04.2024

Ausgehend von Durkheims Konzept der Gruppenzugehörigkeit befasst sich der Vortrag mit der Frage, wie sich die soziale Bindung von Individuen an Gruppen und an die Gesellschaft aus einer international vergleichenden Makro-Perspektive untersuchen lässt. Bezug nehmend auf Durkheims Hauptformen der Gruppenzugehörigkeit werden 4 soziale Bindungen unterschieden (Familienbeziehung, zivilgesellschaftliche Beziehungen, Arbeitsbeziehung, Staatsbürgerschaftsbindung), deren unterschiedlichen Kombinationen sich in 4 idealtypischen Regimen sozialer Bindungen kristallisieren (familialistisch, organizistisch, voluntaristisch, universalistisch). Anhand ausgewählter Indikatoren wird die Bedeutung der 4 Gruppenbindungen und Regime für 34 Länder empirisch geprüft. Eine Clusteranalyse ergibt 5 Ländergruppen, die sich den familialistischen, organizistischen, voluntaristischen und universalistischen Regimen zuordnen lassen.

Polarisierung und demokratische Legitimität

Die öffentliche Debatte über Prozesse der politischen Polarisierung wird von der Wahrnehmung dominiert, dass die Diagnose einer gespaltenen Gesellschaft (a) zutrifft und (b) eine erhebliche Gefahr für die Demokratie darstellt, der es sich entgegenzustellen gilt. Während zum Ausmaß der Polarisierung mittlerweile differenzierte sozialwissenschaftliche Befunde vorliegen, hat die normative Dimension der Polarisierungsdiagnose bisher zu wenig Aufmerksamkeit erhalten. Der Vortrag nimmt dies zum Anlass, um aus einer politiktheoretischen Perspektive grundsätzlich nach dem Verhältnis von Polarisierung und demokratischer Legitimität zu fragen. Im Ergebnis wird ein ambivalenter Befund präsentiert: Während einige Formen der politischen Polarisierung die Legitimität der Demokratie sogar stärken können, geht von anderen eine erhebliche Gefahr für die Verbindlichkeit demokratischen Regierens aus.

Affektive Polarisierung, Kognitive Prozesse und die Integration von Zugewanderten.

Migration bzw. die Präsenz von Zugewanderten wird oft als Treiber der Polarisierung in westlichen Gesellschaften bezeichnet. In seinem Forschungsprojekt beschäftigt sich Michael Neureiter mit der Kehrseite dieser Beziehung, also mit der Frage wie Zugewanderte affektive Polarisierung wahrnehmen und von dieser beeinflusst werden: Wie wirkt sich affektive Polarisierung auf die Integration von Zugewanderten aus, speziell auf deren politische und soziale Einstellungen und Verhaltensweisen? Um diese Frage zu beantworten wurden verschiedene empirische Analysen durchgeführt, darunter ein Umfrageexperiment mit rund 700 Teilnehmern in vier europäischen Ländern. Die Ergebnisse dieser Analysen zeigen, dass sich affektive Polarisierung negativ auf die kognitiven Prozesse von Zugewanderten auswirkt, was wiederum Konsequenzen für deren politische Teilhabe und Motivation zur weiteren Integration hat.

Fear and loathing across party lines in the (democratic) world: Affective polarization in comparative perspective.

In his presentation, Andres Reiljan will explore some of the key aspects of affective polarization, with a particular focus on its manifestations in multiparty contexts. He will first address the very basic question „What is (and what is not) affective polarization?“, arguing for a multidimensional definition of the concept. He will then discuss how we can measure affective polarization and explore which are the most/least polarized countries in the world. Moreover, Reiljan will show that partisan feelings are structured very differently across party systems, leading to different outcomes. Finally, using recently collected original survey data, he will examine some of the most problematic manifestations of affective polarization, such as discriminating against fellow citizens based on their party preference and engaging in partisan motivated reasoning.

Die Übergangenen – Strukturschwach & Erfahrungsstark.

Die Sorge um den Klimawandel beschäftigt auch Menschen in strukturschwachen Gebieten. Allerdings haben dort andere Themen eine höhere Priorität: Soziale Herausforderungen und die Angst vor ungerechten Folgen der Transformation und der Klimapolitik überwiegen. Dies ist das Ergebnis der qualitativen Studie „Die Übergangenen: Strukturschwach & erfahrungsstark“ des Progressiven Zentrums in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Von Politisierung zu affektiver Polarisierung?

Mit Protestformen des zivilen Ungehorsams versucht die Letzte Generation seit rund zwei Jahren, die deutsche Politik dazu zu bewegen, wirksamere Maßnahmen für den Klimaschutz zu ergreifen und trägt damit zu einer neuen Welle der Politisierung des Klimawandels bei. Für ihre Aktionen erntet die Gruppierung scharfe Kritik. Ihr wird vorgeworfen, das Thema nicht nur zu politisieren, sondern die Gesellschaft auch zu polarisieren und zu spalten. Tatsächlich ist der Klimawandel laut der aktuellen Studie von MIDEM eines der am stärksten affektiv polarisierten Themen in Deutschland. Doch was genau bedeutet das eigentlich? Wann schlägt Politisierung in affektive Polarisierung um? Und welche Rolle spielen Identitäten und Emotionen bei einer solchen themenbezogenen affektiven Polarisierung? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des Vortrags und werden am Beispiel der Letzten Generation näher beleuchtet.

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